Umfassende Bereiche:
1. Der Gang der Geschichte
Der Lauf der Geschichte ist nicht streng vorherbestimmt. Der Mensch kann einerseits nur innerhalb der ihm gegebenen Möglichkeiten agieren und das ihm zur Verfügung stehende Möglichkeitsfeld wird durch materielle Grenzen und gesellschaftliche Strukturen eingegrenzt. Andererseits bietet ihm die Mannigfaltigkeit der materiellen Grundlage seiner Existenz auch immer verschiedene Handlungsmöglichkeiten.
(Hier zeigt sich das allgemeine Prinzip der Evolution,
die eine "innere Kohärenz" (Jantsch) gewährleistet,
aber nicht eindeutig vorherbestimmt ist.) Bestimmend für seine Handlungen ist sein innerer Zustand und sind Wechselwirkungen mit der belebten und unbelebten Mit-Welt. Diese verschiedenen Beeinflussungen definieren verschiedene Ebenen, die zu betrachten wären.
Letztlich hängen sie alle eng zusammen.
Gesamtgesellschaftlich können wir grob ein Abhängigkeitsschema
aufzeichnen:
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Jeder einzelne Verbindungsstrich wäre eine Abhandlung wert
und es gibt viele davon. Jede Betonung einer Abhängigkeit
wird "Gegenargumente" auf den Plan rufen, daß
eine andre vergessen oder unterbewertet sei. Der Mensch als Subjekt seines Lebens und seiner persönlichen Entwicklung sowie die Menschheit als Subjekt der Menschheitsgeschichte entwickeln sich im Wechselverhältnis mit den Bestimmungen aus ihrer Mit-Welt und ihrer inneren Struktur. Dabei liegt weder das Ziel vorher fest, noch haben die Subjekte eine festgelegte "innere Natur", die letztlich alles determiniert ("Der Mensch ist gut/böse"). Die Natur, das Wesen der Subjekte entwickelt sich selbst im Evolutionsprozeß und auch die konkreten unterliegen einer Entwicklung.
Allgemeine Evolutionsprinzipien dagegen sind so verallgemeinerbar
(dazu braucht man dann die über die Einzelwissenschaften
hinausgehende ), daß man sie als allgemeinen Erfahrungsschatz
auch für konkrete Fragen nutzen kann.
Entwicklung ist z.B. niemals nur kontinuierliches Dahinplätschern
eines gegebenen Zustands. Beim "Ausleben" der Dynamik
(autopoietischer Prozeß) des gegebenen Zustands werden Ressourcen
verbraucht, erschöpfen sich konkrete Evolutionsdynamiken.
Dies führt zu kritischen Punkten, an denen die alte Dynamik
die Struktur nicht mehr aufrechterhalten kann, eine neue Struktur
(aus einer Auswahl möglicher neuer Strukturen und Dynamiken,
die aber von den konkreten Bedingungen durchaus abhängen)
gesucht und schließlich realisiert wird (Selbstorganisation).
Es kommt zu einem qualitativen Sprung (nach "oben" wie
nach "unten" möglich). Der Zustand(Prozeßdynamik/Struktur) nach diesem Sprung hat bei einer Höherentwicklung die Eigenschaft, daß der die Eigenschaften des Zustandes vor dem Sprung "aufhebt". Dieses "Aufheben" kann man auch in dem philosophischen Begriff "dialektische Negation" fassen und bedeutet wie der direkte Wortsinn: 1. aufheben als negieren 2. aufheben als aufbewahren
3. aufheben als herauf/hochheben. Entwicklung gibt es für Individuen wie für die aus den Individuen gebildeten Gruppen und größeren Gesellschaften.
Zwar betonen die auf Emanzipation des Individuums bedachten Linken
meist die Entwicklung des Individuums - aber diese ist abhängig
von der Enfaltung der gesellschaftlichen Dynamik. Ebenso hat aber
die gesellschaftliche Dynamik als Grundlage das Handelns dieser
Individuen. Ein Auseinanderreißen dieses Wechselbezugs führt
immer zu einseitigen Aussagen, auch wenn es methodisch manchmal
unumgänglich ist, sich einer Seite konkret zuzuwenden.
2. Die innere Kohärenz der
Menschheitsgeschichte - Arbeit Karl Marx hat seine Kapitalismusanalyse vor dem Hintergrund allgemeinerer Begriffe vorgenommen, die nur sehr schwer herauslesbar sind, weil er kaum explizit darüber schreibt. Z.B. verwendet er den Begriff "Arbeit" durchaus auch für die konkrete Arbeitsform im Kapitalismus (wo sie eigentlich nur "Lohnarbeit" ist) - aber er hat auch einen anderen, weiteren Begriff von "Arbeit" als sinnvoller, schöpferischer Betätigung des Menschen in der Aneignung/ Auseinandersetzung mit und zur Weiterentwicklung seiner inneren wie der äußeren Natur (Begriff kennzeichnet das besser als die negativ besetzten Begriffe "Aneignen"/ "Auseinandersetzen", die ein eher aggressives, ausbeuterisches Verhältnis kennzeichnen). Diese Art von Arbeit hat den Menschen zum Menschen gemacht und kennzeichnet sein Wesen (gegenüber den Tieren) - nicht etwa die ausgebeutete Lohnarbeit, die mit Parolen wie "Recht auf Arbeit" aus "humanen" Gründen oft herbeigerufen wird.
Die durch Arbeit hervorgerufene Veränderung der inneren und
äußeren Natur des Menschen ist die Wechselwirkung,
die das Menschsein gegenüber allen anderen Lebensformen und
den Wechselwirkungen unbelebter Natur gegeneinander unterscheidet.
Liebe (die über die rein sexuelle hinausgeht) u.ä.,
wie von T.d.Chardin u.a. hervorgehoben, kann es nur auf Grundlage
"erledigter " materieller Reproduktion überhaupt
geben. Verhungerte können nicht mehr lieben. Die Liebe als
Arbeit ist auch vorstellbar, aber nicht als Ersatz für notwendige
Arbeit zur Veränderung der Mit-Welt, der Gesellschaft.
Auch der Geist des Menschen kann sich nur soweit entwickeln, wie
sich die materiellen Grundlagen der Menschheit entwickeln. Nichtmaterielle
Wechselwirkungen mit einem gedachten geistigen "Urgrund des
Seins" etc. sind für mich "Hypothesen, die ich
nicht brauche"- und die schädlich wirken. Wenn die Menschen
im Trikont verhungern, nützt ihnen meine oder ihre geistige
Meditation überhaupt nichts. Manchen Leuten hilft sie aber,
das schlechte Gewissen zu verdängen und sich einzubilden,
über eine ideelle "Verschwörung" zum Wassermannzeitalter
zu kommen, wo dann vielleicht auch den Verhungernden geholfen
werden könne. Verbrecherisch wird diese Orientierung allerdings
dann, wenn für Anti-Hunger-Spenden nur "Aufklärungskampagnen"
gestartet werden und nicht den hungernden Menschen geholfen
wird... Theoretisch-weltanschaulich legitimieren verschiedene
Esoterikformen sogar den Untergang von
bedrohten Völkern als Ausdruck ihres Karmas (R.Steiners Wurzelrassen-Theorie)
und die Aufgabe der Freiheit (und Emanzipation) des Einzelnen
für das "Volksganze" (rechte Ökologen...)
o.ä.
Die Arbeit konstituiert die "innere Kohärenz" der
Menschheitsentwicklung. Ihr Entwicklungsstand beeinflußt
alle die oben aufgeführten Aspekte.
3. Wir springen bereits
Eben noch wollte ich diesen 3. Punkt nennen: "Ein Sprung
steht bevor". Aber die Erinnerung
an den Trikont, an die Verelendeten, denen ich in meinem Studierzimmer
nie begegne, hat mich die Formulierung ändern lassen. (So
schnell passiert es, daß man seine eigene privilegierte
Lage verabsolutiert !)
Aber nicht nur die bereits geschehenden Katastrophen (daß
ich sogar die Alltagskatastrophen bei uns verdränge, merke
ich daran, daß ich die dauernden Polizei-, Krankenwagen-
und Feuerwehrsirenen vor meinem im Stadtzentrum gelegenen Elfenbeinturm
aus meiner Wahrnehmung bereits abschalte) sind ein Anzeichen dafür,
daß das derzeitig herrschende Produktions- und Lebensmodell
seine Grenzen erreicht hat. Die Kapitalismusanalyse von Marx hat
sich methodisch und inhaltlich bewährt. Nicht die unersättlichen
"Menschen" haben zu einem unaufhaltsamen Wachstum an
Wegwerfgütern geführt (warum haben sie dann Jahrtausendelang
vorher gehungert?) - sondern der Zwang zur Kapitalakkumulation,
der Voraussetzung für die Gesellschaftsdynamik in dieser
Formation ist, war ursächlich dafür, daß entfremdete
Bedürfnisstrukturen dominieren. Es waren die oben angedeuteten
vielfältigen Wechselbeziehungen, die es mit sich brachten,
daß die in dieser Dynamik und Struktur lebenden Menschen
bis in ihr Wesen durch sie gekennzeichnet wurden. Und selbstverständlich
wird eine "Enteignung der Enteigner" nicht ausreichen,
sondern im Verändern dieser Umstände werden sich die
Subjekte selbst verändern (3. Feuerbachthese). Daß
sie das im "realen" Sozialismus nicht taten, hat nichts
damit zu tun, daß die "Natur des Menschen" eben
doch nicht änderbar ist (oder das nur mit Spiritualität
ginge) - sondern damit, daß sie die Umstände eben nicht
massenhaft selbst veränderten, sondern eine Partei sich anmaßte,
das für sie zu tun und sie dabei anzuleiten.
Der reale Kapitalismus jedoch hat historische
Grenzen erreicht. An dieser Grenze werden bisherige Produktions,-
Distributions- und Herrschaftsformen kontraproduktiv (sie nützen
nichts mehr, sondern schaden, wenn sie beibehalten werden). Das behauptet noch gar nicht, daß er nun endlich zusammenbrechen müsse. Das sagt nur, daß er zur Zeit einen gewaltigen inneren Wandel durchmacht - mit dem subjektiven Ziel auf Seiten der Großeigentümer (und der Sozialreformisten), ihr System nur so weit zu erneuern, daß es erhalten werden kann. Die Sozialreformisten ergänze ich hier auch, weil sich deutlich zeigt, daß viele davon den "guten, alten Sozialstaat" wiederhaben wollen mitsamt seinen Definitionen, was Arbeit und Leistung ist- und sich deshalb gegen neue (oder uralte- aber emanzipative) Ansätze strikt wehren (wie Harry Nick gegen die Argumentation Harald Werners zur ökologisch verheerenden Auswirkung der Lohnarbeit).
Die Verteidigung sozialer Errungenschaften muß sein - gegenüber
erzkonservativen und reaktionären Angriffen. Aber nicht gegenüber
fortschrittlichen Alternativen zum Gesamtsystem!
Der innere Wandel ist unübersehbar. An dieser Stelle sind
die Zukunftsforscher des Kapitals den Linken meilenweit voraus-
denn sie müssen in ihrem täglichen Überlebenskampf
auf dem Weltmarkt einigermaßen klar die Situation überschauen.
Eine linke Analyse werden sie uns nicht noch abnehmen- das sollten
wir schleunigst selbst tun.
Welche Wandlungen sind das? Ich will sie hier nur andeuten und
die Ambivalenz (Zweideutigkeit, verschiedene Wirkungen auf verschiedene
Subjekte) erwähnen:
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Produktion ist so hoch, daß zur notwendigen Gebrauchswertproduktion ein Minimum lebendiger Arbeit aufgewendet werden bräuchte (wachsende Bedürfnisse an Gebrauchsgegenständen müßten durch weiteres Produktivitäts- (nicht Masse-)-wachstum zu befriedigen sein; - mehr ideelle Bedürfnisse: nach Kreativität, sozialen Kontakten | - auf wessen Kosten (Trikont, Ökologie?)
- unter gegebenen Bedingungen erzwingt die Kapitalakkumulation und der Verwertungszwang die Kommerzialisierung der letzten Lebensweltbereiche (Soziales) erfordert gesellschaftliche Änderung und spezifische Technologieentwicklung |
moderne technische Produktionsmittel (Baukastensystem,computergestützte flexible Fertigung, Informationssysteme) ermöglichen dezentralisierte Fertigung von Massengebrauchsmitteln | - bisher genutzt im Interesse der Profitmaximierung, nicht der Veränderung der Lebens- und Arbeitsformen |
Markt "zappelt" - flexibles Marketing fordert dezentrale Produktion | - unter gegebenen Bedingungen steigt eher das Verkehrsaufkommen, als daß die Produktion ökologisch sinnvoll dezentralisiert/ umverlagert würde |
kreative, motivierte Facharbeitskräfte werden benütigt (Gruppenproduktion...), Möglichkeit für anderen Gebrauch der Kreativität | - Das sind aber immder weniger der Gesamtbeschäftigten, die meisten verschwinden in ungesicherten Jobs und in Arbeitslosigkeit
- Mehrausbeutung der Arbeitenden |
Notwendigkeit der Enthierarchisierung (lean production) | wird nicht in Produktionsdemokratie umgesetzt, nur funktionalisiert |
Probleme sind nicht mehr mit alten Mitteln lösbar Chance für Neues aber auch | Tendenz zu |
Diese in denen neuen Ansätzen vorhandenen Ambivalenzen verdeutlicht
die ganz am Anfang erwähnte Dialektik von Bestimmtheit und
Offenheit. Ein Wandel findet objektiv statt (Handlungszwang- auch
Nicht-Handeln wirkt), es stehen materiell bestimmte Voraussetzungen
bereit (für dezentrale Energieversorgung steht das ausführlicher
im INFO- aber wesentlicher sind die Produktionstechnologien, für
die da kaum was überlegt wurde). Auf Grundlage dieser materiellen
Voraussetzungen (und der Selektion daraus- Atomkraftwerke dürfen
nicht positiv "aufgehoben" werden) können wir über
Alternativen nachdenken.(Über das, was die darüber denken,
die die Macht in den Händen haben, siehe Text
) Höherentwicklung hatten wir vorhin an der "Aufhebung" des vorherigen Zustands erklärt. Diese dialektische Negation ist eine doppelte. Einerseits wird der vorhandene Zustand negiert- da aber auf seinen Grundlagen aufgebaut wird - kann es kein einfaches Zurück in die Vergangenheit geben. Wenn wir von Dezentralisierung der Produktions- und Lebensweise sprechen, meinen wir deshalb kein einfaches "Zurück" ins Mittelalter oder das germanische Dorf - von wo aus die Evolution uns wieder bis zum jetzigen materiellen Ausgangspunkt (in anderer Form, weil sie ja nicht vorherbestimmt ist) führen würde. Warum verwenden wir die Dezentralisierung als Schlüsselwort? Einerseits ergaben sich Tendenzen dazu aus den realen Bewegungen der Gegenwart. Andererseits überzeugt uns die Tatsache, daß man in einem 50 000-Personen-Unternehmen/Kombinat rein organisatorisch keine Produktionsdemokratie machen kann. Ebenso kann die Gestaltung des Lebens nur dann demokratisch und emanzipativ sein, wenn in genügend kleinen Strukturen gelebt wird und nicht im Moloch Groß- und Schlafstadt.
Außerdem ist gerade sie die Garantie dafür, daß
tatsächlich nicht wieder jemand kommen kann um zu sagen:"So
und so müßt Ihr es diesmal richtig machen". Bei
dezentral-vernetzter Produktions- und Lebensweise wird geradezu
auf Vielfalt und Mannigfaltigkeit gesetzt.
4. Kommunen heute An dieser Stelle überzeugen Ansätze alternativen Lebens in Kommunen durchaus- denn das Scheitern der meisten von ihnen beruhte nicht auf ihrem Grundkonzept, sondern daran, daß sie nur Nischen im kapitalistisch bestimmten Leben einnehmen konnten. Aus diesem Grund ist es auch so, daß die kommunitären Lebensgemeinschaften, die ihre Gemeinsamkeit aus einer Spiritualität ableiten, die Stabilsten sind. Das ist für mich aber noch kein Argument, daß es nur so ginge.
Solange das Umfeld die Gemeinsamkeit in der Arbeit unterdrückt,
instrumentalisiert- bleibt nur der Geist als Gemeinsames. Die tatsächliche Gemeinschaftlichkeit einer Menschengruppe konstituiert sich aber nicht in den ideellen, sondern in den materiellen Wechselwirkungen der Gruppenmitglieder untereinander und zwischen den Gemeinschaften. Da Arbeit zur Reproduktion stets notwendig sein wird, und sich Subsistenzkommunen gerade auch über diese gemeinsame Selbstversorgung definieren, sollte hier nicht unsinnigerweise Geist und Arbeit auseinanderdividiert werden. Eine Kommune, in der der "gemeinsame Geist" alles, auch die Arbeitseinteilung z.B. organisiert, ist für subjektive Emanzipation nicht viel Platz. Arbeit soll wieder ein Gebet werden und dementsprechend langsam und genußvoll ausgeübt werden, heißt es in dem einzigsten Artikel über Arbeit in einem Kommune-Reader. Damit ist die notwendige Reproduktionsarbeit gemeint, was ausschließt, diese auch mal schnell hinter sich bringen zu wollen, um Freiraum für eine beliebige eigene Betätigung zu haben. Daß ich auch letzteres gar nicht erst will - dazu soll die Spiritualität führen.
Wo der Einzelne aber seine immateriellen Bedürfnisse in allgemeinen
Meditationen und Liebesspielen - aber ja nicht beim rationalen
Denken ausleben darf, kann man nicht von Freiheit reden.
In diesen Argumentationen ziegt sich das Problem, daß die
derzeitigen Kommarden davon ausgehen müssen, einen Großteil
ihrer Lebenszeit während der notwendigen Reproduktionsarbeit
zu verbringen (Ersetzen der technokratischen vergegenständlichten
Arbeit durch lebendige Arbeit, die ökologisch einbindbar
sein soll) und daß sie dies innerhalb dieses Kontextes selbstbestimmt
tun wollen. "Die Spaltung der Gesellschaft in eine ausbeutende und eine ausgebeutete, eine herrschende und eine unterdrückte Klasse war die notwendige Folge der frühern geringen Entwicklung der Produktion.
Solange die gesellschaftliche Gesamtarbeit nur einen Ertrag liefert,
der das zur notdürftigen Existenz aller Erforderliche nur
um wenig übersteigt, solange also die Arbeit alle oder
fast alle Zeit der großen Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder
in Anspruch nimmt, solange teilt sich die Gesellschaft notwendig
in Klassen." (Anti-Dühring S.262)
Warum jedoch soll nicht der dialektische doppelte Sprung gelingen?
Wir kämen dann wieder zurück zu selbstbestimmten Lebens-
und Arbeitsformen in kleineren Gruppen- nutzen aber Techniken,
die uns befreien vom Zwang, die Lebenszeit mit notwendiger Reproduktionsarbeit
ausfüllen zu müssen. Wenn diese notwendige Arbeitszeit
gering ist, sind auch die weiteren Tätigkeiten durchaus Arbeit
(siehe weiterer Begriff von Arbeit) - aber dann wirklich selbstbestimmt
und nicht von den Subsistenzbedingungen der Kommune festgelegt.
"Sobald die (Lohn-)Arbeit in unmittelbarer Form aufgehört hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört und muß aufhören die Arbeitszeit sein Maß zu sein und daher der Tauschwert das Maß des Gebrauchswerts. Die Surplusarbeit der Masse hat aufgehört, Bedingung für die Entwicklung des allgemeinen Reichtums zu sein, ebenso wie die Nicht- Arbeit der Wenigen für die Entwicklung der allgemeinen Mächte des menschlichen Kopfes.
Damit bricht die auf dem Tauschwert beruhende
Produktion zusammen und der unmittelbare Produktionsprozeß
erhält selbst die Form der Notwendigkeit und Gegensätzlichkeit
abgestreift. Die freie Entwicklung der Individualitäten ist
jetzt das Ziel und daher nicht das Reduzieren der notwendigen
Arbeitszeit, um Surplusarbeit zu setzen, sondern überhaupt
die Reduktion der notwendigen Arbeit der Gesellschaft zu einem
Minimum, der dann die künstlerische, wissenschaftliche usw.
Ausbildung der Individuen durch die für alle freie Zeit und
geschaffenen Mittel entspricht... Denn der wirkliche Reichtum
ist die entwickelte Produktivkraft aller Individuen. Es ist dann
keineswegs mehr die Arbeitszeit, sondern die disposable time das
Maß des Reichtums."(Grundrisse S. 593)) Dann muß ich mir natürlich genau ansehen, was das für Techniken sein sollen, die zwar lebendige Arbeit einsparen sollen, aber dies nicht kompensieren durch Naturausbeutung.
Wenn ich allerdings die Arbeit nicht als das grundlegendste Verhältnis
definiere, sondern auf "Geist" oder "Liebe"
ausweiche- dann versäume ich auch, diese zu suchen und zu
gestalten. Vor dieser Gefahr stehen die heutigen Kommunen.
5. Problem Technik
Natur und Gesellschaft sind selbstorganisierende Systeme. (Natürlich sind die Individuen ebenso selbstorganisierend. Man muß sich nur einigen, auf welcher Ebene man gerade diskutiert. Und gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten lassen sich nun mal nicht auf rein individuelle Motive und Taten reduzieren, sondern haben eine Eigendynamik - Menschen machen ihre Geschichte selbst- aber innerhalb vorgefundener Bedingungen, innerhalb einer Gesellschaft.)
Die materielle Verbindung zwischen beiden wird durch Techniken
hergestellt, die nicht selbstorganisierend/symbiontisch wirken,
sondern auf Mechanik oder linearer Thermodynamik beruhen.
Dieser Flaschenhals der Technik als System 1. und 2. Ordnung (nach
PRIGOGINE) zwischen Systemen 3. Ordnung ist ein Aspekt
der Problematik.
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Selbstorganisierende Techniken sind - beruhend auf der erreichten
Stufe der Entwicklung - denkbar und in Ansätzen vorhanden
(F.VESTER: Neuland des Denkens, Bloch: Allianztechnik; Grundidee
siehe W. Maier in Bloch/Maier: Wachstum der Grenzen).
Hier schließt sich der Kreis, denn genau diese Techniken
erfordern neue Vergesellschaftungsformen (was Vester nicht sieht).
Jetzt käme es nur noch darauf an, diese real tatsächlich
verflochtenen neuen Entwicklungen aus allen Bereichen des Kreises
so widerzuspiegeln, daß für alternative Lebens- und
Produktionsformen Ansätze für eine emanzipative Tätigkeit
ableitbar sind.
6. Der Sprung
Allgemeine Evolutionsprinzipien sagen
uns noch mehr über mögliche Entwicklungen, die vor uns
stehen.
Es gibt eine Vielfalt von konkreten Hinweisen über die Art
und Weise von Qualitätsübergängen. Deren Kenntnis
kann das "Feeling" auch für gesellschaftliche Umbrüche
enorm schärfen. Die meisten Höherentwicklungen sind davon gekennzeichnet, daß Elemente aus den vorherigen Zuständen neue Strukturen bilden, die nicht durch den "Sieg" einer Gruppe über eine andere (Sozialdarwinismus) geprägt sind- sondern im Gegenteil durch Kooperation und Symbiose. Die Entstehung des Menschen brachte mit der "Erfindung" der Arbeit z.B. eine neue Form der arbeitsteiligen Wechselwirkung zwischen den Individuen hervor, die seitdem die Entwicklung bestimmt. An der Schwelle zu einer neuen Gesellschaft kann man nun überlegen, was dieses Prinzip diesmal bedeuten könnte, wie uns das Wissen darum helfen kann, richtige Wege zu gehen um die Wahrscheinlichkeit einer Höherentwicklung gegenüber dem möglichen Untergang zu erhöhen. Wir denken hier an die Beendigung der Ausbeutung durch den Menschen. Bisher haben sich einzelne Menschengruppen immer nur auf Kosten anderer entwickelt.
Verbunden damit ist eine tatsächliche Ko-Evolution
der Menschheit mit der Natur - gegenüber des bisherigen
ausbeuterischen Verhältnisses.
Dieser ewige Widerspruch, daß Fortschritt einzelner immer
nur auf Kosten anderer (Menschen oder der Natur) gelang, bedroht
uns derzeit mit der scheinbaren Entscheidung zwischen Öko-Kollaps
und Ök-Diktatur. Aber die Alternative steht anders: Untergang
oder Aufschwung zu neuen Lebens- und Arbeitsformen. Nur so lassen
sich ökologische und humanistische Ideale unter einen Hut
bringen.
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siehe auch: